Geheimwaffe: Kontinuität

Valentin Rößler teilt uns seine Erfahrungen als Tech-Recruiter ohne Informatik-Studium und wie er von den Workshops von COOK and CODE profitiert hat:
Valentin Rößler teilt uns seine Erfahrungen als Tech-Recruiter ohne Informatik-Studium und wie er von den Workshops von COOK and CODE profitiert hat:

Woran liegt es, dass kostenlose Tutorials zum Programmieren lernen heutzutage kaum genutzt werden? Valentin Rößler teilt uns seine Erfahrungen als Tech-Recruiter ohne Informatik-Studium und wie er von den Workshops von COOK and CODE profitiert hat:

Stelle dich bitte kurz vor:

Gerne! Ich bin der Valentin, 31 Jahre alt, lebe in München, habe meinen Bachelor in Wirtschaftspsychologie und meinen Master in IT-Management abgeschlossen. Arbeite aktuell bei Personio noch im Tech-Recruiting.

Du arbeitest bei Personio als Talent-Acquisition-Manager – was kann man sich darunter vorstellen?

Ich bin dafür zuständig die richtigen Personen ins Unternehmen zu bringen. Also auf der einen Seite das klassische Recruiting-Management: also Stellenanzeigen und Bewerber organisieren und aber auch aktiv Talente kontaktieren.

Und dein Fokus liegt auf IT-Talenten?

Genau! Ich fokussiere mich auf den Tech-Bereich. Ich stelle Software-Entwickler, Teamleiter und Direktoren ein. Aber auch unterstützende Rollen, wie: Projektmanager und Technical Program Manager. Also alle Mitarbeiter, die im Bereich Product und Engineering notwendig sind.

Du schreibst selbst die benötigten Stellenanzeigen – gab es schon mal Momente bei denen du die technischen Begriffe nicht kanntest?

In meinem letzten Job ist mir das häufig passiert, da sind mir viele technische Buzzwords um die Ohren geflogen mit denen ich nichts anfangen konnte.

Welche Buzzwords waren das beispielsweise?

Es ging dabei viel um BigData. Also: Hadoop, Kafka, Spark, Cassandra und solche Sachen. Und das wurde mir oft ohne Kontext vor die Nase geworfen: nach dem Motto: „wir suchen da jemanden, der im BigData-Umfeld tätig ist“. Aha. Was ist denn eigentlich BigData? Große Daten? Welche Daten sind hier überhaupt gemeint? Damals habe ich dann den halben Tag dann damit verbracht Hadoop im Internet zu recherchieren und dann kam ich schon irgendwie rein und habe die Unterschiede verstanden.

Vortrag über BIG DATA Themen bei wayra Deutschland
Bei COOK and CODE organisieren wir manchmal Vortragsabende: hier waren wir zu Gast bei wayra Deutschland und Rudrava Roy stellte ein Thema aus dem Big Data Umfeld vor. So, dass es auch absolute Anfänger verstehen konnten.

Das Internet ist zwar voll von Tutorials, aber leider nicht für absolute Anfänger.

Bis man eine Seite findet, die einem Hadoop anfängerfreundlich erklärt, um diese Information dann in Kontext setzen zu können und damit Hadoop mit den anderen Lösungen vergleichen zu können, das ist schon recht schwierig. Aber es hat schon irgendwie funktioniert. Man kann zwar die Informationen finden, aber man versteht den Sinn als absoluter Anfänger nicht sofort. Was bringt denn jetzt z. B. Hadoop für Vorteile?!

Glücklicherweise hatte ich damals auch die Möglichkeit direkt mit den Consultants des Unternehmens zu sprechen und sie nach ihrer Meinung zu bitten. Das hat dann geholfen die Informationen besser einordnen zu können. Und dann hat sich langsam ein Gesamtbild ergeben, aber das hat schon eine lange Zeit gedauert.

Angenommen du könntest ab sofort eine Programmiersprache perfekt beherrschen – welche wäre das?

Schwierig! Ich müsste mich zwischen JavaScript und Python entscheiden. Ich tendiere aber eher zu Python, weil es noch mehr die Themen adressiert, die für mich interessant sind.

Bei COOK and CODE geben wir regelmäßig Python Crashkurse für absolute Anfänger. Hier mit Trainer Benedikt Seifert zu Gast bei wayra Deutschland.

Was wären das für Themen?

Alles rund um Datenmanagement und Datenauswertung. Das ist für mich gerade das relevanteste. Ich sehe mich nicht in der Entwickler-Rolle. Also dass ich Entwickler werde. Sondern: ich möchte eher die Randthemen tangieren. Ich möchte mich mit Themen beschäftigen, die schon entwicklungsnah sind, aber mehr aus der Business-Seite kommen. Da denke ich ist Python eine gute Sprache, um Skripte zu schreiben, um Daten zu manipulieren, die man dann mehr als Manager nutzt und weniger als Entwickler.

Spannend! Erinnerst du dich noch, warum du damals unsere COOK and CODE Kurse besucht hast? Was hat dich damals dazu motiviert?

 Ja auf jeden Fall! Ich fand die Idee von COOK and CODE richtig gut! Also dass man erstmal mit einem Crashkurs startet zu einem Thema, um die Berührungsängste abzubauen und erstmal ein Basiswissen zu bekommen.

Das Thema Programmieren ist eine Mischung aus intrinsischer und extrinsischer Motivation. Ich bin als Nerd aufgewachsen. Musste mich dann entscheiden, ob ich Entwickler werde oder mehr in die Business Richtung einsteige. Ich hatte mich dann für die Business Spezialisierung entschieden, weil mich das stereotypische Bild des Entwicklers abgeschreckt hatte. Ich dachte, dass Entwickler einfach nur im stillen und dunklen Kämmerlein vor sich hin entwickeln und keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben. Und das war weniger meins.

Erst über die Jahre habe ich dann gemerkt: Entwicklung kann noch viel mehr. Aber da war es leider schon zu spät, denn ich hatte bereits Wirtschaftspsychologie studiert. Ich hatte aber immer den Wunsch näher zur Entwicklung zu kommen. Das war meine Motivation warum ich euren Workshop: den „Programmiersprachen Roundhousekick“ besucht habe. Es klang nach einem entspannten Abend: man hockt sich irgendwo rein, man wird berieselt und bekommt schlauer wieder raus. Vor allem der Aspekt, dass man in entspannter Runde einfach ein paar Fragen stellen kann, hat mich sehr angesprochen.

Davor hatte ich Texte gelesen und Videos zu den Themen angeschaut, allerdings war das nicht besonders nachhaltig, weil die Informationen, die durch ein Youtube Video vermittelt werden, das im Bett so nebenbei konsumiert wird nicht sonderlich hoch ist. Da sind die Informationen aus einem Vortrag, der speziell für Anfänger konzipiert ist, natürlich viel, viel höher! Weil man das dann auch vor Ort erlebt, anstatt es im stillen Kämmerlein aus einem Buch mühsam durchzulesen und sich das Wissen selbst mühsam zusammenzustellen.

Das war dann der Moment bei dem ich mir dachte: OKAY! Ich möchte noch ein paar weitere Crashkurse besuchen, um noch ein Gefühl für weitere Programmiersprachen zu bekommen.  

Das gelernte Wissen konntest du dann nach den Crashkursen bereits in deinem beruflichen Alltag nutzen?

Auf der einen Seite: Ja! Es hat mir mehr geholfen in meiner Rolle als Talent Acquisition Manager zurecht zu kommen. Auf der anderen Seite war es aber auch mein persönliches Interesse mehr in Richtung Entwicklung zu gehen. Das spielte quasi Hand in Hand.

Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich Python Kenntnisse im Tech-Recruiting benötige, aber sie interessieren mich persönlich und ich kann das Wissen eventuell eines Tages dazu einsetzen, Skripte zur Automatisierung von einfachen Aufgaben zu programmieren. Beispielsweise mit Selenium, um mühsame Klick-Folgen auf Websites zu automatisieren.

Ein Profilbild von Valentin Rößler
Valentin Rößler findet Menschen tun sich vor allem schwer anzufangen UND auch dran zu bleiben, wenn es darum geht Programmieren zu lernen.

Es gibt ja genug gute und sogar kostenfreie Tutorials im Netz, zum Programmieren lernen. Woran liegt es, dass es Leute nicht nutzen?

Meiner Meinung nach spielen hier mehrere Punkte eine Rolle:

  1. Es gibt sehr, sehr viele Tutorials und es fällt einem als Anfänger schwer, sich zu entscheiden mit welchem Thema/Tutorial man anfängt. Diese „Überauswahl“ / Qual der Wahl verlangsamt eine Entscheidung zu treffen.
  2. Die Tutorials sind manchmal einfach schlecht aufbereitet. Sie starten mit einem HelloWorld Programm und gehen dann weiter, aber dabei wird den Anfängern nicht der Kontext erklärt. Also wie passt diese Sprache in das große Ganze bzw. was kann man mit der Sprache alles machen? Wofür eignet sie sich? Und warum? Eventuell kommt das bei einem späteren Video noch, allerdings wird der Anfänger dann oft am Anfang einfach mit dem „Warum“ alleine gelassen. Warum schreibe ich jetzt diesen Code? Es ist ja schön, dass dann Hello World ausgegeben wird, aber die Relevanz fehlt dann einfach.
  3. Keine Disziplin etwas abzuschließen. Oft startet man ein Tutorial, aber schließt es nicht ab und startet einfach ein anderes Tutorial wieder von vorne und so fängt man immer wieder ein neues Thema an ohne das vorherige erstmal abzuschließen. Das macht dann immer kein Spaß.
  4. Menschen, die nicht aus der IT-Welt kommen, sondern eher aus dem Vertrieb, Marketing, Management kommen: tun sich schwer wie Entwickler zu denken. Als Entwickler zu denken, ist eine andere Art zu denken. Ich muss mehr in Code denken. Also Logik-Verknüpfungen: wenn, wann, so lange, usw. Das ist einfach ein sehr abstraktes und anderes Denken, als es die beschrieben Menschen gewohnt sind. Da muss man erstmal reinkommen und sein Kopf erstmal trainieren. In Pseudo-Code zu denken und nicht mehr in „normaler“ Sprache.

Abschließend kann man sagen: Menschen tun sich vor allem schwer anzufangen UND auch dran zu bleiben.

Findest du das Angebot unseres COOK and CODE Clubs kann den Menschen dabei helfen anzufangen und vor allem dran zu bleiben? Also zur Kontinuität zu verhelfen? Wie bei einem Fitnesscenter?

Das ist eine gute Frage. Vor allem, weil du den Vergleich mit dem Fitness-Center machst.

Im Fitness-Center – wenn man mal dort erscheint – sieht man oft die anderen Sportler, die regelmäßig trainieren. Aber die restlichen 95 Prozent nutzen die Zeit nicht, sondern bleiben lieber auf der Couch. Das liegt wohl an dem Problem der Freiwilligkeit.

Anders ist das aber bei einem Fußball-Club! Hier geht jedes Mitglied zu seinem festen Termin. Donnerstagabend ist Fußballtraining. Punkt. Basta. Keine Ausreden.  Man hat keine Option auszuweichen, weil das Team nur an dem Termin trainiert. Das führt zur Kontinuität und das macht es im Endeffekt auch aus.

„Wenn man sich einen Tag mit Python beschäftigt und dann zwei Monate keinen Finger rührt und dann wieder anfangen will, fängt man oft wieder bei Adam und Eva an.“

Zwischen denen mit der gewissen Selbstdisziplin im Fitness-Studio und die ihr Ziel erreichen und denen die hin und wieder mal gehen und dann wieder zwei Monate pausieren. Und so steigt die Motivation und fällt gleichzeitig wieder ab.

Und um wieder den Schwenker zurück zum Programmieren lernen hinzubekommen: ich spreche nur aus eigener Erfahrung. Wenn man sich einen Tag mit Python beschäftigt und dann zwei Monate keinen Finger rührt und dann wieder anfangen will, fängt man oft wieder bei Adam und Eva an.

Deswegen finde ich euer neues Angebot, den COOK and CODE Club,  sehr, sehr gut! Und ich glaube auch, dass es einen gewissen Zwang braucht, um in die Kontinuität reinzukommen.

Und wenn man mal die erste Hürde geschafft hat und gewisse Funktionen und Basics sich im Langzeitgedächtnis festigen, dann nimmt der Bedarf an der Verpflichtung auch ab, weil man dann selbst besser auf dem bestehenden Wissen aufbauen kann.

Aber um diese erste Grundinformation im Langzeitgedächtnis zu speichern, das ist die größte Schwierigkeit beim Programmieren lernen. Und da kann so ein Zwang mit Kontinuität schon helfen.

Du hattest unsere Crashkurse besucht und wie ging es dann danach bei dir weiter?

Ich habe erst den Programmiersprachen Roundhousekick besucht und dachte mir: das ist cool, das ist spannend! Aber welche Sprache nehme ich dann jetzt? Dann habe ich noch einen Java Kurs besucht und das JavaScript Trinkspiel. Java hat mir sehr dabei geholfen ein allgemeines Verständnis für die Entwicklung zu erhalten. Wie hängen Klassen und Instanzen zusammen? Was bedeutet Objektorientierung? Ich habe hier schnell gemerkt, dass es einen riesen Unterschied gab zwischen dem einfachen Trinkspiel, das wir mit vanilla JavaScript programmiert haben und dann die statische Typisierung bei Java.

Unsere Crashkurse bieten einen schnellen Einblick in die Welt der Programmierung. Hier: der Java Crashkurs zu Gast im Jugendinformationszentrum in München. (JIZ)

Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, wie ich danach weitergemacht habe. Ich habe mir zwar Ziele gesetzt und ein paar andere Tutorials im Alleingang angeschaut und mich ein bisschen mehr damit beschäftigt. Positiv hervorzuheben war: ich kam in die Themen schneller rein als vor meinem Besuch der COOK and CODE Workshops. Ich habe auch schnell gemerkt, das ist ja gar nicht so schwierig da reinzukommen. Aber es war schnell der Drang nicht mehr da, das zu machen. Ich hatte keinen gesetzten Termin. Ich habe meinen Grund nicht mehr verstanden, warum ich jetzt einen String verwenden muss und sonst einen Integer verwende. Okay, nice to know. Aber was bringt mir das Ganze? Und dann habe ich mich wohl in den Details verloren und dann war das Thema für mich schnell abgehakt.

Ich hatte mir sogar ein Tutorial mit einem Projekt rausgesucht: baue deine Homepage in zwei Tagen. Das habe ich auch durchgemacht nur kam am Ende keine Homepage dabei raus. (lacht) Und dann musste ich mich auf anderen Seiten informieren und schon war der Spaß schnell vorbei. Es gibt einfach keine „Single Source of Truth“, sondern man muss sich ständig aus vielen unterschiedlichen Quellen etwas zusammentragen und das kostet langfristig viel Motivation und Energie. Es gibt ja leider auch nie den EINEN Weg. Es gibt 1000 Wege um ans Ziel zu kommen. Und du weißt auch nicht, welcher jetzt der Beste ist. Und dann hast du schnell keinen Bock mehr. Und so war es bei mir im Endeffekt auch. Und dann habe ich sowieso Java liegenlassen, aber auch JavaScript. Und habe irgendwann mit R angefangen, weil ich mir eingebildet habe, ich muss jetzt R lernen. Aber das ist auch ein bisschen meine Persönlichkeit. Ich starte zehn Sachen und beende dann nichts. Ja und jetzt ist es eben Python.

Wem würdest du COOK and CODE empfehlen?

Ehrlich gesagt: wirklich jedem!

Weil das ist SO interessant und simpel. Nicht simpel im Sinne von du lernst nichts, aber so leicht verständlich aufgebaut. Das jeder sich einfach einen Eindruck machen kann.  Bei einem Crashkurs am Abend. „Wie funktioniert denn sowas? Wie ist sowas aufgebaut? Wie ist die Logik dahinter? Wie ist die Struktur? Und welche Optionen gibt es überhaupt? Und warum gibt es überhaupt so viele Sprachen?“ Das ist wirklich ein angenehmer Abend. Man lernt eine Menge und man hat auch noch Spaß dabei. Und in der heutigen Welt, in der immer mehr in Richtung Digitalisierung geht und die Technik in jedem Lebensbereich immer mehr Einzug erhält. Kann es überhaupt nicht schaden, dass man sich einfach mal einen Crashkurs besucht und kann dann herausfinden, ob es Spaß macht, um dann darauf aufzubauen oder eben auch nicht. Aber man hat immer ein Grundwissen, um zumindest mal bei einem Stammtisch etwas sagen zu können. (lacht)